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Altersvorsorge 
Montag, 04.02.2019

Überversorgung bei Angestellten? Da wird die Betriebsrente teuer

Der Fall:

Die Klägerin betreibt eine Arztpraxis (Praxisinhaberin) und erzielte daraus in den Streitjahren 2003 - 2006 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Für die bis 2010 bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen B und C richtete sie bei der X Unterstützungskasse eine betriebliche Altersversorgung ein. Diese begründete einen Anspruch auf Zahlung einer Altersrente ab der Vollendung des 65. Lebensjahres. Die Altersrente betrug jeweils 690,63 DM (353,11 EUR) und erhöhte sich um eine Anwartschaftsdynamik von 5 % pro künftiges Dienstjahr. Hierfür machte die Praxisinhaberin in den Streitjahren Beiträge sowie Verwaltungs- und weitere Nebenkosten als Betriebsausgaben geltend.

Im Rahmen einer bei der Arztpraxis durchgeführten Betriebsprüfung gelangte die Prüferin u.a. zu der Auffassung, die jährlichen Beiträge an die X Unterstützungskasse in Höhe von jeweils 7.740 EUR (2003 und 2004) bzw. 7.341 EUR (2005 und 2006) zur betrieblichen Altersversorgung der beiden Arbeitnehmerinnen seien mangels Schriftform bereits dem Grunde nach nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Dem schloss sich das Finanzamt an und erließ 2009 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre.

Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, die Beiträge der Praxisinhaberin zur Altersversorgung ihrer ehemaligen Arbeitnehmerinnen seien zumindest z.T. als Betriebsausgaben anzuerkennen. Eine Berücksichtigung scheide nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis dem Grunde nach aus. Das FG kürzte aufgrund der Überversorgung den Betriebsausgabenabzug, ließ aber die Anwartschaftsdynamik außer Acht.

Für C betrug das Versorgungsniveau ohne Dynamik für die Jahre 2003 bis 2005 71,01 %, für das Jahr 2006 76,10 % und für B lag das Niveau für die Jahre 2003 - 2005 bei 85,41 % und Im Jahr 2006 bei 91,24 %. Unter Einbeziehung der Dynamik lag das Versorgungsniveau von B bei ca. 140 % und das von C bei ca. 200 %.

Dagegen legte das Finanzamt Revision ein. Denn entgegen der Auffassung des FG sei eine weitere Kürzung des Betriebsausgabenabzugs geboten, da die Dynamisierung der Anwartschaften in Höhe von 5 % pro künftiges Dienstjahr in die Prüfung der Überversorgung einzubeziehen sei.

Eine weitergehende Kürzung des Betriebsausgabenabzugs komme nicht in Betracht. Das FG habe die Grundlagen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur sog. Überversorgung verkannt, die typisierend davon ausgehe, dass bei Versorgungszusagen, deren Höhe 75 % der Aktivbezüge des Arbeitnehmers übersteige, ein ungewisser säkularer Einkommenstrend berücksichtigt werde. Hierbei handele es sich um eine Art Anscheinsbeweis, der widerlegt werden könne. Im Streitfall sei der Betrag der Grundrente und der Anwartschaftsdynamisierung nicht aufgrund einer unterstellten ungewissen Einkommenssteigerung der begünstigten Arbeitnehmer ermittelt worden. Vielmehr habe der Versorgungszusage ein standardisiertes Konzept zugrunde gelegen, nach dem sich der Betrag der Grundrente und der Dynamisierung als steuerlich zulässiger Maximalbetrag für Unterstützungskassen ergeben habe.

Das Urteil:

Die Leitsätze des Urteils lauten:

  • Fest zugesagte prozentuale Renten- oder Anwartschaftserhöhungen sind zwar keine ungewissen Erhöhungen i.S.d. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG. Hieraus folgt jedoch nicht, dass jedwede Renten- oder Anwartschaftsdynamisierungen bei der Prüfung einer sog. Überversorgung unbeachtlich sind.

  • Eine über 3 % liegende jährliche Steigerungsrate kann bei der Prüfung der Überversorgung beachtlich sein.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Es muss die Rechtsprechung zur Überversorgung und die Anwartschaftsdynamisierung von 5 % berücksichtigt werden. Die entsprechende Rechtsprechung zu Pensionszusagen gilt auch für Unterstützungskassen, da nach § 4d Abs. 1 S. 1 EStG Zuwendungen nur dann als Betriebsausgabenabzug geltend gemacht werden dürfen, wenn dies auch bei einer Pensionszusage der Fall wäre.

2. Nicht jede Anwartschafts- und Rentendynamik ist bei der Prüfung der Überversorgungsgrenze von 75 % unerheblich. Andernfalls könnten die Überversorgungsgrenzen mittels fest zugesagter jährlicher prozentualer Steigerungen unbegrenzt nach oben verschoben werden.

3. Liegt die zugesagte Versorgung bereits ohne Berücksichtigung der Dynamisierung deutlich über 75 % des letzten Aktivgehalts am Bilanzstichtag, kann ein zusätzlicher Ausgleich künftig ansteigender säkularer Einkommenstrends um einen festen Prozentsatz nur in einem moderaten Umfang anerkannt werden. Er darf die Überversorgung rechnerisch nur unwesentlich beeinflussen und deshalb in Grenzbereichen jedenfalls nicht mehr als 3 % jährlich betragen. Dementsprechend nehmen Renten- bzw. Anwartschaftsdynamisierungen im Rahmen angemessener jährlicher Steigerungen von regelmäßig max. 3 % keinen Einfluss auf das Vorliegen einer Überversorgung.

4. Demgegenüber kann eine über 3 % liegende jährliche Steigerungsrate bei der Prüfung einer Überversorgung zu berücksichtigen sein. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn die zugesagte Versorgung bereits ohne Berücksichtigung der Dynamisierung deutlich über 75 % des letzten Aktivgehalts am Bilanzstichtag liegt, sondern auch dann, wenn die zugesagte Versorgung ohne Berücksichtigung der Dynamisierung lediglich im Grenzbereich von 75 % liegt. Auch hier kann ein zusätzlicher Ausgleich künftig ansteigender säkularer Einkommenstrends um einen festen Prozentsatz nicht unbeschränkt anerkannt werden, da andernfalls die Überversorgungsgrenze mittels fest vereinbarter prozentualer Erhöhungen von Renten bzw. Rentenanwartschaften unbegrenzt nach oben verschoben werden könnte. Zudem widerspräche die unbeschränkte Anerkennung vereinbarter Dynamisierungen in diesen Fällen dem Zweck der Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs in § 4d EStG, der Gewinnverlagerungen und Gewinnabsaugungen seitens des Trägerunternehmens vorbeugen soll

5. Daher ist jedenfalls dann, wenn sich die zugesagte Versorgung ohne Berücksichtigung der Dynamisierung im Grenzbereich von 75 % bewegt, die Dynamisierung deutlich über 3 % liegt, sie das Versorgungsniveau rechnerisch nicht nur unwesentlich beeinflusst und sich unter Einbeziehung der Dynamisierung insgesamt ein Versorgungsniveau von deutlich über 75 % ergibt, typisierend davon auszugehen, dass auch der Dynamisierungsbetrag einen Ausgleich für künftig steigende Einkommenstrends darstellt und dieser insgesamt in die Ermittlung der Überversorgung einzubeziehen ist.

6. In beiden Fällen musste daher die Dynamisierung voll berücksichtigt werden. Es half auch der Verweis auf ein Standardkonzept der Unterstützungskasse nicht: Der entsprechenden Berücksichtigung der Dynamisierung bei der Prüfung der Überversorgung steht nicht entgegen, dass die Versorgungszusage im Streitfall nach dem Vortrag der Klägerin auf einem standardisierten Konzept beruhte, das - unabhängig von Alter, Gehalt und Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers - eine Grundrente von 353,11 EUR und eine jährliche Anwartschaftsdynamisierung von 5 % vorsah und diese Beträge nicht aufgrund einer (unterstellten) ungewissen Einkommenssteigerung, sondern als steuerlich zulässiger Maximalbetrag ermittelt worden waren. Dass die Höhe der Versorgungszusage einschließlich der Höhe der Anwartschaftsdynamisierung unter Berücksichtigung steuerlicher Höchstsätze erfolgt ist, schließt nicht aus, dass die Versorgungszusage die Vorwegnahme künftiger Entwicklungen umfasst.

7. Ob ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis vorlag, war nicht zu entscheiden.

Hinweise für die Praxis:

Die Prüfung der Überversorgung muss auch bei (normalen) Angestellten insbesondere bei Pensionszusagen und Unterstützungskassenversorgungen immer durchgeführt werden. Eine Anwartschafts- und Rentendynamik, die höher als 3 % ist, muss dabei berücksichtigt werden.

Bei einer Unterstützungskasse ist die Wirkung der Kürzung des Betriebsausgabenabzugs dramatisch. Denn die Zuwendungen sind insoweit kein zulässiges, aber tatsächliches Kassenvermögen. Damit liegt das tatsächliche Kassenvermögen höher als das zulässige. Solange dies der Fall ist, kann kein Betriebsausgabenabzug - auch nicht für weitere Beschäftigte, auch nicht für Zuwendungen an andere Unterstützungskassen - vom Trägerunternehmen geltend gemacht werden.

Auch ein Versorgungskonzept "von der Stange" muss nicht rechtssicher sein.

Das Schriftformerfordernis sollte immer erfüllt sein - nach einem älteren Urteil des Bundesfinanzhofes genügt z.B. auch eine Unterschrift unter den Leistungsplan/die Anwartschaftsbestätigung der Unterstützungskasse, damit die Kenntnisnahme durch den Beschäftigten nachgewiesen werden kann. Dies sollte vom Trägerunternehmen sorgsam geprüft werden.

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Letzte Änderung: 09.10.2017 | © Rösch und Partner 2017

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